Haushaltsrede zum Doppelhaushalt 2023/24

David Armbruster sprach für die Grünen-Fraktion

Als Gemeinde haben wir das Heft, beziehungsweise den Haushalt in der Hand. Es ist fahrlässig und der nächsten Generation gegenüber nicht zu verantworten, auf Lösungen und Hilfen von außen zu warten. Im täglichen Kampf darf uns der Blick für die Welt von morgen und übermorgen nicht fehlen. Wir selbst gestalten unsere Zukunft. Dabei gehören technischer Fortschritt, sowie Klima- und Umweltschutz zwingend zusammen.

22.11.22 –

Der erste Doppelhaushalt unserer großen Kreisstadt ist eingebracht. Wir danken dem Finanzverwaltungsamt für die Erarbeitung einer dritten Neuerung in kurzer Zeit nach der Umstellung auf die kommunale Doppik und der Einführung der neuen Buchhaltungssoftware SAP. Damit ist der Antrag, der 2017 erstmals von uns gestellt wurde, erledigt. Für den Gemeinderat in der aktuellen Zusammensetzung wird dies die letzte große Haushaltsdebatte sein. 

Im kommenden Jahr erwarten wir eine Nachtragssatzung zur Verabschiedung, um veränderte Sachverhalte berücksichtigen zu können. Wir sehen dennoch eine Entlastung der Verwaltung durch den Doppelhaushalt, da die zeitlich sehr intensive Beantwortung der geballt gestellten Anträge und die Beratung darüber in jedem zweiten Jahr entfallen wird. Auch wir, als ehrenamtliche Mitglieder des Gemeinderates, werden dadurch erheblich entlastet. Gleichzeitig sind wir dadurch aufgefordert, unterjährig häufiger Anträge zu stellen.

Der vorgelegte Doppelhaushalt führt in der Summe aller Erträge und Aufwendungen zu einem negativen Saldo von minus rund 15 Mio € im Jahr 2023 und minus rund 16 Mio € im Jahr 2024. Darüber hinaus sieht die Finanzplanung bis 2027 jährlich ähnliche negative Zahlen voraus. Die dabei enthaltene „kaufmännische Vorsicht“, wie Herr Kaiser vom Finanzverwaltungsamt formulierte, ist aus unserer Sicht eindeutig zu vorsichtig. Die Planansätze der vergangenen Jahre, in denen stets kaufmännisch vorsichtig geschätzt wurde, mussten im Mittel sehr deutlich nach oben korrigiert werden. Sowohl bei den Gemeindeanteilen aus der Gewerbesteuer, als auch bei den Gemeindeanteilen aus der Einkommenssteuer. Letztere ist kaum Schwankungen unterzogen und steigt in den letzten 20 Jahren durchschnittlich konstant um etwa eine Million € jährlich.

Fakt ist, dass es Leinfelden-Echterdingen trotz der Covid-19 Pandemie und Dank der Verbesserungen auf der Ertragsseite, insbesondere bei der Gewerbesteuer, gelungen ist, nicht nur gut, sondern deutlich besser als erwartet, durch die letzten Jahre zu kommen.

Die aus unserer Sicht äußerst wichtigen und wertvollen Anmerkungen des Regierungspräsidiums zur Finanzlage als Antwort auf unser noch aktuelles Haushaltsjahr 2022 beinhalten, dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen ihren Fokus in den kommenden Jahren auf die Stärkung des Ergebnishaushaltes legen und Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen sollte, damit der intergenerativen Gerechtigkeit des doppischen Haushaltes zukünftig wieder Rechnung getragen wird. Wir müssen, so das RP weiter, bei der Investitionstätigkeit unser Hauptaugenmerk verstärkt auf die tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeiten der geplanten Investitionsmaßnahmen im jeweiligen Planungsjahr richten und die Unabweisbarkeit der geplanten Maßnahmen unter Beachtung der Folgekosten einer genauen Prüfung unterziehen und klar priorisieren. Zudem sei eine fortlaufende Aufgabenkritik und Ausgabendisziplin in den kommenden Jahren unabdingbar, damit die Zukunftsaufgaben finanzwirtschaftlich bewältigt werden können.

Prioritäten setzen

Das ist unsere Hausaufgabe. Leinfelden-Echterdingen darf dabei nicht auf finanzielle Nachhilfe aus Berlin oder Stuttgart warten. Wir, die Politik, müssen priorisieren, wenn das Geld nicht reicht!

Unser Finanzverwaltungsamt betont in der Einbringung des Doppelhaushaltes, dass der Ergebnishaushalt unter einem Ausgabenproblem leide, jedoch nicht unter einem Einnahmenproblem. Demgegenüber sagte OB Klenk in seiner Stellungnahme, die Stadt leide sehr wohl auch unter einem Einnahmeproblem. Daraus folgt aus unserer grünen Sicht nicht, dass jetzt Gebühren für Kitas, Bücherei oder Hallenbad erhöht werden müssten.

Gewerbesteuer erhöhen

Um wirksam und nachhaltig die Einnahmenseite des Ergebnishaushaltes zu verbessern, liegt es für uns auf der Hand, den Hebesatz der Gewerbesteuer an unsere Nachbarin, die Landeshauptstadt Stuttgart anzupassen, und somit auf 420 zu erhöhen. Erwirtschaftet eine Kapitalgesellschaft einen Gewinn von beispielsweise einer Million €, würde sie nach der Erhöhung um 30 Punkte lediglich etwa 10.000 € mehr Steuern bezahlen müssen. Gesellschaften, die keine Gewinne erwirtschaften, bezahlen keine Steuern. Personengesellschaften, zu denen beispielsweise Apotheken, Schreibwarenläden oder Blumengeschäfte gehören, haben einen Freibetrag von 24.500 €. Die Erhöhung des Hebesatzes der Gewerbesteuer auf 420 Punkte, die wir hiermit beantragen, ist somit wirtschaftlich vertretbar und unserer Stadt mit ihrer Standortgunst angemessen. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Erhöhungen der Gewerbesteuer nicht zu einer Abwanderung der Betriebe geführt haben und auch nicht die Ursache für Geschäftsaufgaben sind. Und das wird auch künftig so sein. Diese Gründe zählen also nicht, eine moderate Erhöhung, wie die von uns beantragte, abzulehnen. Vor allem die Kapitalgesellschaften, die hohe und sehr hohe Gewinne erzielen, trugen schon immer, und werden auch weiterhin den Löwenanteil dazu beitragen, dass wir unsere vorhandene Infrastruktur erhalten können und sie darüber hinaus maßvoll und mit Blick auf die Bedürfnisse der kommenden Generationen vorbereitet und entwickelt wird.

Kein weiterer Flächenverbrauch

Wir Grüne möchten die Einnahmen aus der Gewerbesteuer auf Flächen, die bereits versiegelt sind, erwirtschaften und fordern den Verzicht auf die Entwicklung neuer Gewerbeflächen. Flächeneffiizienz, Qualifizierung und Transformation in bestehenden Gewerbegebieten müssen im Vordergrund stehen. Lebensmittel- und Drogeriemärkte in einstöckiger Bauweise mit offenem Parkplatz vor der Tür sind die schlechtesten Beispiele, wie Boden generell, aber besonders hier auf den Fildern, genutzt wird. Wir beantragen, dass die Stadtverwaltung aktiv auf die Eigentümer:innen zugeht, um Verbesserungen der Flächennutzungen schnellstmöglich zu realisieren. Auch in Leinfelden-Echterdingen machen so genannte Metropolfilialen Sinn, bei denen sich der Parkplatz im Erdgeschoss, und die Verkaufsfläche im aufgeständerten Obergeschoss befinden. So kann dem Wunsch nach höherer Bebauung auf diesen Flächen nachgekommen werden. Die Unternehmen haben den Trend zur Re-Urbanisierung längst auf dem Schirm und müssen nur noch angeregt werden, dies auch bei uns umzusetzen.

Mehr Gewerbesteuer nur im Flächenbestand bedeutet auch, dass die Rötlesäcker nicht entwickelt werden, auch wenn dort ökologisch und zukunftsweisend gebaut werden soll. Zum Einen werden wir Menschen die wertvollen Ackerböden in Zukunft mehr denn je für unsere eigene Ernährung benötigen, zum Anderen wird die Ansiedlung von innovativen Firmen die Mieten und Grundstücks- und Wohneigentumspreise in unserer Stadt weiter massiv in die Höhe treiben und auch die Bedarfe weiterer Infrastruktur wie Kinderbetreuung nach sich ziehen. Wir können es uns aus mehrfacher Hinsicht nicht leisten, hier zu entwickeln. Regional erzeugte Lebensmitte sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Immer mehr Menschen sind inzwischen bereit, ihr Einkaufsverhalten darauf einzustellen. Das ist ein wichtiger Beitrag, um lange und energieaufwendige Transportwege einzuschränken.

Auch neuer Wohnraum, der dringend benötigt wird, darf nicht an den Rändern unserer Stadtteile entstehen, was am Rande bemerkt auch zu längeren Wegen für die Menschen in die Stadtteilzentren führt, die wir doch beleben wollen. Das widerspricht dem Ziel, in Zukunft möglichst wenig auf ein eigenes Auto angewiesen zu sein, komplett. Zur Linderung der Wohnungsnot beantragen wir stattdessen erneut, eine Wohnungsbau GmbH als hundertprozentige Tochter der Stadt ins Leben zu rufen. Diese braucht keine europaweiten Ausschreibungen, kann frei agieren und finanziell auf eigene Rechnung arbeiten. Eine Aufgabe dieser Gesellschaft muss es auch sein, bestehende und in die Jahre gekommene Wohnquartiere gemeinsam mit den Eigentümer:innen und den Bewohnenden neu, beziehungsweise weiter zu entwickeln. Gemeinschaftliche Wohnkonzepte sollen priorisiert umgesetzt werden. Ein gelungenes Beispiel, das in vielen Städten bereits erfolgreich etabliert wurde, ist das im Trend liegende Cluster-Wohnen. Das sind große Wohnungen mit privaten Wohneinheiten und Gemeinschaftsflächen. Der nachhaltige Ansatz zieht sich durch solche Wohnprojekte. Es geht darum, auf vielen Ebenen Ressourcen zu schonen. Menschen aller Generationen können sich wohlfühlen und profitieren von geteiltem Raum zum Spielen, Werken, Feiern, und Zusammensein. Angesichts der sich weiter zuspitzenden Wohnungsknappheit in unserer Region, des demographischen Wandels und den sich ändernden Lebens- und Gemeinschaftsentwürfen bieten sie eine echte alternative zu klassischen Einfamilienwohnungen. So kann Wohnraum in Leinfelden-Echterdingen auf verträgliche Weise behutsam zukunftsweisend verdichtet werden, wobei eine soziale Bodenpolitik gefördert wird und Flächen geschont werden. Dabei muss die Wohnungsbau GmbH auch ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass Wohnraum wieder bezahlbar wird und dass die „kleine“ Quartiers-Infrastruktur erhalten bleibt oder neu geschaffen wird. Menschen müssen direkt vor Ort das Nötigste kaufen können und Orte haben, um sich zu treffen. Die Untersuchungen zur Quartiersentwicklung in Leinfelden haben deutlich gezeigt, dass es oft kleine Dinge sind, die ein Leben im Quartier lebenswert machen.

Die Wachstumsspirale der Entwicklung hinein in wertvolle Ackerflächen im Zusammenhang mit neuer, dafür zusätzlich benötigter Infrastruktur muss endlich gebrochen werden. Die Menschen der nachfolgenden Generationen müssen geschützt werden und neben den diversen Altlasten des Wirtschaftswunders noch etwas für sich vorfinden. Gesunder und ausgewogener Raum zum Leben sei dabei an erster Stelle genannt.

Damit etwas ausgewogen sein kann, muss die Waage im Gleichgewicht sein. Neue Projekte jeder Art, aber im Besonderen Hoch- und Tiefbauprojekte lasten To-Dos auf die eine Seite der Waage, auf die Wünsche-Seite. Wird die Last der Wünsche zu schwer, fallen die bereits vorhandenen Pflichten auf der anderen Waagschale hinten runter. Damit sind beispielsweise die vorhandenen Straßen und die städtischen Gebäude gemeint, deren Sanierungen wir erst begonnen haben. Aber auch der fundamentalen Pflichtaufgabe, unsere Kinder zu bilden, und nicht nur aufzubewahren, kann nicht mehr nachgekommen werden. Mehr Arbeitsumfang der Eltern wird hauptsächlich von Unternehmen wegen der Wünsche-Seite der Waage benötigt. Dazu kommt, dass Fachkräfte aus den KiTas in andere Berufe abwandern, denn Fachkräfte werden in allen Bereichen nachqualifiziert und dringend benötigt und vor allem für Dinge auf der Wünsche-Seite besser bezahlt als in den KiTas. Entschleunigung und geduldiges Abarbeiten der Pflichten bringt unsere Waage ins Gleichgewicht.

Bessere Arbeitsbedingungen brauchen unsere städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit sie bei uns bleiben. Auch das dringend benötigte weitere Personal kommt nur zu uns, wenn der Arbeitsplatz attraktiv ist. Ein Neubau für die Verwaltung ist weder schnell umsetzbar noch finanziell darstellbar. Wir müssen der Lage angemessen planen, indem möglichst vorhandene Gebäude bezogen werden, um schnell Entlastung und Platz für mehr Personal zu schaffen.

Keine weiteren Straßen bauen

Der alte Wunsch, die B27 und die A81 mittels einer für die kommenden Generationen unbezahlbaren Straße genau entlang der Grünen Mitte zwischen Leinfelden und Echterdingen zu entlasten, wiegt über die Maßen schwer. Dieser Wunsch wäre die Antwort aus dem Jahr 1980 auf die Verkehrsprobleme der vergangenen Jahre gewesen. Wir dürfen dankbar sein, dass dem Wunsch bisher nicht nachgekommen wurde, so haben wir jetzt noch die Chance, ihn von der Liste zu streichen. Damit die Daimlerstraße in Leinfelden keine Sackgasse bleibt, soll sie an die Benz- oder Ernst-Mey-Straße angeschlossen werden. Mit diesem von uns wiederholt beantragten Straßenbauprojekt an Stelle der ganzen Nord-Süd-Straße wäre die Pflichten-Wünsche-Waage auf einem guten Weg ins Gleichgewicht.

Wünsche haben wir Grünen natürlich auch. Wünsche, die unsere Stadt nachhaltig fit für die Zukunft machen. Wünsche, die in ihrer Realisierung auch bei Vereinen wie dem ADAC oder Versicherungen wie der Allianz in deren Planungen für die nächsten Jahrzehnte auftauchen. Unternehmen planen heute, um morgen noch wirtschaften zu können. Leinfelden-Echterdingen als Kommune muss sich ebenfalls heute Gedanken machen, was morgen wirklich benötigt wird.

Zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur

Wir Grüne erwarten von Leinfelden-Echterdingen, dass genau dies passiert: Steuergeld in die Verkehrsinfrastruktur investieren, die morgen und übermorgen benötigt wird. Was wir heute planen, wird in einigen Jahren erst fertig sein und muss dann noch für die kommenden Generationen mit deren Wohn- und Lebenssituationen kompatibel sein. Für unsere Stehzeuge, auch die elektrisch betriebenen, brauchen wir nach dem Q1 am Bahnhof Echterdingen noch einige weitere Quartiersgaragen, um die Innenstädte, aber auch die Wohngebiete vom stehenden Verkehr zu befreien. Ein einzelnes Auto, abgestellt im öffentlichen Raum, benötigt 12 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche, die auch denen gehört, die gar kein Auto haben. Im Speziellen meine ich damit unsere Kinder, die momentan noch zu häufig in Eltern-Taxis unterwegs sind. Warum eigentlich Eltern-Taxis? Ach so: Weil zu viele Autos fahren und stehen. Die Lösung: Wenn der Großteil aller Autos in Quartiersgaragen aufgeräumt werden kann, wird schnell der bisher nicht vorhandene Raum frei, um aktive Mobilität, also gehen, rollern und radeln attraktiver und sicherer zu gestalten. Die attraktive und barrierefreie Gestaltung des Stadtraumes für alle Generationen kann dann endlich großzügig beginnen, damit Gesundheit und Lebensqualität gefördert werden.

Investitionen in den ÖPNV als Grundsäule der Verkehrsinfrastruktur müssen ebenfalls vor dem Neubau von Straßen stehen. Wir beantragen die schnellstmögliche Umsetzung einer die U5 ergänzenden Linie aus Leinfelden (später aus Echterdingen Hinterhof) nach Dürrlewang, um in Stoßzeiten den Ost-West-Verkehr auf den Fildern besser auf die Schiene holen zu können. Die U6 muss noch die Haltestelle Erlenbrunnen am neu gestalteten Ortseingang im Echterdinger Norden bekommen, damit Hotelgäste, Angestellte im dortigen Gewerbe und Einkaufende vom Flughafen, der Messe oder aus Stuttgart bequem und schnell, also öffentlich, zu uns kommen können. Wir sind bereit, zuzustimmen, dass die Stadt den Abmangel trägt.

Stadtbahn U5 und U6

Dass die U-Bahn eine unabhängige Bahn von der Straße sein soll, wissen wir. An vielen, sicherlich allen bekannten, Stellen in Stuttgart teilt sie sich jedoch mit dem Straßenverkehr den Platz. An Stellen, an denen es zu teuer gewesen wäre, andere Lösungen wie Tunnel, Unter- oder Überführungen zu realisieren. Bekanntestes Beispiel ist auf der B27 zwischen Charlottenplatz und Bopser inklusive Kreuzung am Olgaeck. Daher beantragen wir die Weiterführung der Stadtbahn nach Echterdingen entlang der bestehenden Straße mit gemeinsamer Unterquerung der S-Bahn im bereits vorhandenen Bauwerk. Wir dürfen uns die Nord-Süd-Straße mit einem gigantischen Trogbauwerk nicht aufschwatzen lassen, weil wir eigentlich nur unsere U-Bahn wieder aufbauen wollen. Eine schnellstmögliche Umsetzung der Reaktivierung der Trasse ist uns betont wichtig und würde gleichzeitig verhindern, dass Geld doppelt ausgegeben wird, wenn zunächst ein Pendelbus auf einer dafür zu errichtenden Oberfläche nach jahrelanger Planungsarbeit fahren würde. Wer den Pendelbus möchte, hat sich innerlich schon von der zeitnahen Realisierung der Stadtbahn nach Echterdingen verabschiedet.

Ein Quantensprung und damit ein massiver Beschleuniger für die klimaschonende Verkehrswende wird das 49 € Ticket, ich persönlich möchte es lieber Deutschland-Ticket nennen, welches Anfang nächsten Jahres eingeführt wird. Es wird deutschlandweit im Nahverkehr gelten. Sich mit den Ticketautomaten oder Apps heimischer oder fremder Verkehrsverbände zu beschäftigen, wird entfallen. Zonen, Ringe, Tarifgrenzen, Anschlusstickets, all das gehört der Vergangenheit an. Von Jahr zu Jahr werden immer mehr Menschen dieses Ticket kaufen, bis schließlich fast alle eines besitzen. Die meisten als Schüler- oder Job-Ticket ohne weiteres Zutun.

ÖPNV vorrangig ausbauen

Spätestens dadurch ist es eindeutig, dass, neben allen ohnehin schon stattfindenden Entwicklungen, der ÖPNV vorrangig ausgebaut und verbessert werden muss. Bus und Bahn fahren wird jetzt endlich einfach und ist bezahlbar. Busse und Bahnen werden mehr und mehr genutzt. Folglich muss es mehr Linien mit mehr Bussen und Bahnen geben. Gut vorbereitet darauf sind wir mit unseren Anträgen zur Stadtbahn, die allerdings nur ein Baustein sind. Auch das Busnetz muss sowohl im Takt als auch in Linien verdichtet werden und mittels Busbeschleunigern an Ampeln als Zubringer zur Bahn zuverlässiger werden.

Neben der stets fortlaufenden Entwicklung des allgemeinen Busnetzes fordern wir die Prüfung von drei weiteren Stadtbuslinien mit kompakten Fahrzeugen für Musberg, Oberaichen und Stetten. Diese sollen als schnelle Zubringer zur Schiene dienen. Besonders für Pendelnde aus den Wohngebieten, die bisher wegen der Enge der Straßen oder wegen der Topografie nicht ans Busnetz angeschlossen sind. Die Linie 814 sollte als ideale Querverbindung durch die Stadt mindestens alle 30 Minuten fahren.

Des Weiteren beantragen wir, dass die Stadt in Zusammenarbeit mit den Busunternehmen ein Rufbus-Konzept entwickelt.

Das 49 € Deutschlandticket ist eine wunderbare Möglichkeit, autofreies Leben zu belohnen. Wir beantragen, dass die Stadtverwaltung prüft, auf welche Arten dies in Leinfelden-Echterdingen darstellbar wäre. Im Klimaschutz-Förderprogramm der Stadt Denzlingen aus dem Jahr 2020 heißt es: Gefördert wird die Außerbetriebssetzung oder Veräußerung eines im Landkreis Emmendingen zugelassenen Fahrzeugs (Personenkraftwagen, Motorrad, Roller) mit Verbrennermotor, der auf eine in Denzlingen gemeldete Privatperson zugelassen ist. Für Leinfelden-Echterdingen bedeutet das nicht nur mehr Auslastung des ÖPNV sondern auch mehr Platz in den Wohngebieten, um die ein oder andere Quartiersgarage sparen zu können. Unser Klimaschutz-Manager muss das Rad nicht neu erfinden, er kann sich in anderen Gemeinden an Best-Practice-Beispielen orientieren.

Klimaneutral bis 2035

Menschenschutz ist Naturschutz. Mensch und Natur sollen mit einem neuen Klimaschutz-Förderprogramm für Leinfelden-Echterdingen vor Schaden bewahrt werden. Der Klimakrise muss entgegengesteuert werden und ihre Auswirkungen müssen auf ein erträgliches Maß begrenzt werden, um unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Wir beauftragen den Klimaschutz-Manager, gemeinsam mit den Stadtwerken ein Förderprogramm aufzustellen mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2035 auf unserer Gemarkung. Die Wärme- und Energiethemen unserer Bürgerinnen und Bürger, sowie auch der Städtischen Gebäude vernetzen sich bei den Stadtwerken. Eine klare Auf- und Einstellung für die Themen der kommenden Jahre muss endlich erkennbar sein. Motiviertes Personal kann leichter gewonnen werden, wenn die aktuellsten Erkenntnisse aus Ausbildung, Studium und Forschung direkt zur Umsetzung kommen können. Politik und Verwaltung müssen geschlossen hinter diesen Zielen stehen, um nicht noch mehr wertvolle Zeit zu verlieren. Die Klimaziele müssen lieber zu früh als zu spät erreicht werden. Bisher sehen wir der Katastrophe entgegen, gießen jedoch weiter Öl ins Feuer. Diese globale Herausforderung ist ohne unsere aktive Beteiligung als Gemeinde nicht zu bewältigen. Wo, wenn nicht hier bei uns in Leinfelden-Echterdingen, sollte damit angefangen und mit guten Beispiel voran gegangen werden? Nachhaltige Entwicklungsziele müssen auf die Fahnen unserer Stadt. Grundlage des Planes sollen unsere Anträge werden, die wir bereits gestellt haben. Zur Neuaufstellung der Stadtwerke werden die freiwerdenden Mittel des Lärmschutzfonds für den Aufbau des Nahwärmenetzes mit neuer Heizzentrale in der Historischen Mitte Echterdingen umgewidmet. Bei der Aufstellung des Kommunalen Wärmeplans wird die Wärmegewinnung aus Abwasser als zusätzliche Energiequelle aufgenommen. Bei anstehenden Kanalsanierungen werden bereits Vorkehrungen zur Wärmerückgewinnung getroffen. Eine lokale, dezentrale Energieversorgung soll mittels Agri-Photovoltaik, also Freiflächenanlagen, erarbeitet werden. Ziel ist es, diese Solaranlagen aufzubauen ohne dass wichtige Flächen für die Nahrungsmittelproduktion wegfallen. Der Effekt der Doppelnutzung spielt dabei eine zukunftsweisende Rolle. Wir beantragen dafür eine vorbereitete Informationsveranstaltung für Landwirte und die Mitglieder des Gemeinderates, um die Suche nach geeigneten Flächen voranzutreiben.

Klimaschutz muss in unserer Stadt oberste Priorität haben. Bei jeder Sanierung, jedem Neubau muss die Klimaverträglichkeit an oberster Stelle stehen. Aus den Vorlagen, die wir als Mitglieder des Gemeinderates bekommen, sollte deutlich hervorgehen, inwiefern der Aspekt berücksichtig wurde. Dafür brauchen wir Kompetenz bei den Stadtwerken und Unterstützung des Klimaschutz-Managers.

Stadtwerke

Für die Betriebsleitung der Stadtwerke beantragen wir die Implementierung einer Doppelspitze. Sie soll in einen kaufmännischen und in einen technischen Bereich unterteilt werden. Seit einigen Jahren haben sich die Geschäftsfelder erheblich erweitert. Zwar ist eine Stelle als Innovationsingenieur für Wärme ausgeschrieben, aber ob diese qualitativ zufriedenstellend besetzt werden kann ist fraglich. Wir sehen in der Einführung einer Doppelspitze die Chance, die Attraktivität dieser Stelle erheblich zu verbessern, um auf dem Stellenmarkt eine höhere Aufmerksamkeit zu erzielen und damit die Stelle auch wirklich qualifiziert und innovativ besetzen zu können.

Kinderbetreuung

Eine gute Planung mit Weitsicht erwarten wir auch in der Kinderbetreuung, bei der wir heute schon den kommenden Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung mitdenken müssen. Selbstverständlich brauchen wir neben einer Kernzeit für den Bildungsauftrag von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr ebenfalls eine zuverlässige Betreuungsmöglichkeit unserer Kinder auch vor 8:00 Uhr und sogar nach 16:00 Uhr, um die Berufstätigkeit der Eltern zu ermöglichen. Damit die vorhandenen personellen Ressourcen bestmöglich genutzt werden können, muss die Platzvergabe an den tatsächlichen Bedarf der Eltern gekoppelt werden. Es darf nicht vergessen werden, dass ein Kitaplatz neben der Ermöglichung der Berufstätigkeit beider Elternteile auch dem Kindeswohl dient. Dafür wurde die letzten Jahrzehnte gekämpft. Um die Qualität der Bildungsarbeit im Hinblick auf Chancengleichheit für alle Kinder sicherzustellen, müssen die Betreuungszeiten außerhalb der Kernzeit den Kindern vorbehalten bleiben, deren Eltern auch tatsächlich in diesem Umfang arbeiten. Diese Regelung muss mindestens so lange gelten, bis eine deutliche Entspannung der personellen Situation eintritt. Damit Personal gehalten und eingestellt werden kann, müssen die städtischen finanziellen Möglichkeiten bis zum Maximum ausgeschöpft werden. Wir beantragen, dass mindestens ein drittel aller pädagogischen Fachkräfte in S8b eingruppiert wird. Dies können Fachkräfte mit entsprechenden Weiterbildungen oder Springkräfte, die bei personellen Engpässen einrichtungsübergreifend aushelfen, sein. Andere Träger um uns herum tun dies bereits so, auch hier muss das Rad nicht neu erfunden werden.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir als Gemeinde das Heft, beziehungsweise den Haushalt mit all seinen Pflichten und Wünschen, in der Hand haben. Es ist fahrlässig und der nächsten Generation gegenüber nicht zu verantworten, auf Lösungen und Hilfen von außen zu warten. Im täglichen Überlebenskampf (Covid-19, Kriege mit ihren Folgen, Klimaerhitzung, Personal- und Rohstoffknappheit) darf uns der Blick für die Welt von morgen und übermorgen nicht fehlen. Wir selbst gestalten unsere Zukunft. Dabei gehören technischer Fortschritt, sowie Klima- und Umweltschutz zwingend zusammen.

Die Rede steht hier zum Download bereit.

Die Anträge unserer Fraktion zum Doppelhaushalt 2023/24 sind hier zu lesen.

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Energiewende | Haushalt | Klimaschutz | Wohnungsbau

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